Erstmals Nachweis der Taubenlausfliege in Deutschland
Von Matthias Jentzsch, Dresden
Haustauben gehören zu den ältesten Haustieren, stammen von der Felsentaube ab und wurden bereits vor ca. 5000 bis 10000 Jahren domestiziert. Viele von ihnen sind heute ähnlich Straßenhunden oder Straßenkatzen verwildert und leben vor allem in Großstädten. Stadttaubenvereine kümmern sich um verletzte und kranke Stadttauben. Genauso wichtig ist es den Vereinsmitgliedern durch die gezielte Entnahme von Eiern in eigens dafür vorgerichteten Brutstätten die Stadttaubenpopulation langfristig tierschutzkonform zu reduzieren.
An der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern und Studierenden um Prof. Dr. Mattias Jentzsch und Prof. Dr. Markus Freick mit dem Vorkommen und der Bedeutung von Lausfliegen als potenzielle Überträger von Krankheitserregern. Lausfliegen gehören zu den Dipteren, sind also eher mit einer Stubenfliegen verwandt als mit einer Laus oder einer Zecke. Sie leben als blutsaugende Parasiten bei Warmblütern. Einige sind auf größere Säugetiere, andere auf Vögel spezialisiert und manche parasitieren nur eine einzige Vogelart. Der Mensch gehört nicht zu den Wirten der Lausfliegen und wird höchst selten und allenfalls irrtümlich gestochen. Auch bei der eventuellen Übertragung von für den Menschen relevanten Krankheitserregern spielen sie nach aktuellen Erkenntnissen praktisch keine Rolle.
Die Forscher der HTW kontaktierten zahlreiche Stadttaubenvereine und Taubenhalter in Deutschland, ob deren Schützlinge von Lausfliegen befallen sind. Auch auf VDT-online findet sich ein Aufruf. Bisher wurden sie nur bei der Stadttaubenhilfe Mainz/Wiesbaden e. V. fündig. Dort waren diese Parasiten von verletzt gefundenen Tauben bestens bekannt. Die Vereinsmitglieder sammelten die Plagegeister von Tauben des Mainzer Hauptbahnhofes und der Wiesbadener Innenstadt in kleinen mit Alkohol gefüllten Röhrchen und schickten sie nach Dresden. Im Ergebnis stellte sich heraus, dass es sich um die lange in Deutschland vermutete, aber noch nie nachgewiesene Taubenlausfliege, mit wissenschaftlichem Namen Pseudolynchia canariensis, handelt. Eigentlich kommt die Art, die als möglicher Überträger von Protozoen bei Tauben bekannt ist, vornehmlich südlich des 50. Breitengrades vor und bisherige Funde auf wilden Tauben betrafen in Deutschland bislang nur die allgemein häufige Gemeine Vogelausfliege Ornithomya avicularia und im Falle einer Türkentaube auch die Meisenlausliege Ornithomya fringillina. Ornithomya avicularia wurde zudem auch auf einer sehr seltenen Geldersche Slenke im Tierpark Nordhorn gefunden.
Auf Tauben gefundene Lausfliegen können zur Bestimmung weiterhin eingesandt werden an: Prof. Dr. Matthias Jentzsch, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden , Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie, Pillnitzer Platz 2, 01326 Dresden.
Quellenangabe:
Jentzsch, M., Knipper, S. & Schmidt, M. (2023): Zur Lausfliegenfauna auf Tauben in Deutschland mit Erstnachweis von Pseudolynchia canariensis (Macquart in Webb & Berthelot, 1839) für das deutsche Faunengebiet. – Vogelwarte 61: 24–26.
Abb.: Weibchen von Pseudolynchia canariensis (Mainz, 27.05.2021), Foto: M. Jentzsch.
Prof. Dr. Matthias Jentzsch